Simon Faithfull - Lines Fiction ★ Zeichnung & Animation ★

Simon Faithfull

Lines Fiction: Deine Zeichnungen können vordergründig als Reisenotizen beschrieben werden. 2004/2005 während deiner Reise von 49 Tagen in der Antarktik hast du jeden Tag eine Zeichnung nach Hause geschickt und in 3000 mailboxen verteilt. Du benutzt nicht Bleistift und Papier für deine Zeichnungen sondern nimmst die neuen Möglichkeiten von Palm Pilot uhnd iPhone wahr und zeichnest in Pixeln. Wie kam es dazu?

Simon Faithfull: ich war immer ein manischer Zeichner, aber irgendwann begann mich die Obsession mit dem ‚authentischen‘ Strich auf Papier zu frustrieren. Ich war mehr interessiert daran, die Welt als ein Set von Linien festzuhalten (oder jedenfalls meine subjektive Antwort auf die Welt), und der Fetisch-Charakter des Kunstobjekts, hochgehalten durch die Welt der Kunst, stand dem nur im Wege.

Ich begann, mit der Maus und dem Computer simple Diagramme und Entwürfe für verschiedene Projekte zu machen. Obwohl ich den Computer wie ein primitives Zeichnungswerkzeug benutzte kam ich meiner Idee des Zeichnens um des Zeichnens willen wieder näher. Das Problem hierbei war jetzt nur, dass ich auf einen Desktop Computer angewiesen war. Eines Tages beobachtete ich einen Geschäftsmann mit seinem Palm Pilot (dem Vorläufer des Smart Phones). Er machte ein kleines Diagramm als Notiz und es schien, als ob ich damit ein simples digitales Zeichenbuch haben könnte, das mir erlauben würde, einfache Beobachtungsskizzen zu machen, während ich durch die Welt zog.

In New York habe ich gezeichnet während ich ein Stipendium mit Studio oben im World Trade Center hatte und mir kam die Idee, dass ich anstatt alles auszudrucken die Zeichnungen besser via Email verschicken könnte. Diese Zeichnungen wurden also gradlinig hinaus in die Welt gesandt – fast so, als wäre ich eine visuelle Piraten-Radiostation für Zeichnungen.

Das wurde dann zum großen Teil ein Arbeitsfeld für mich als Künstler: entweder so die alltägliche Welt um mich herum zu dokumentieren oder zu den am weitest entfernten Punkten der Welt zu reisen und von dort auf pixelig schlichte Weise live nach Hause zu berichten.

Lines Fiction: Deine Animationen folgen der sparsamen Pixelästhetik deiner Zeichnungen, aber in der Animation 13 entwickelst du einen emotionalen Hintergrund durch Sound und atmosphärischen Vollmond und lässt uns augenzwinkernd die Impression eines klassischen Roadmovies haben.
Ist es deine Absicht besondere Emotionen durch wenige Effekte zu erzielen?

Simon Faithfull: Die Zeichnungen sind mein Versuch, eine einfache Antwort auf das zu finden, was ich vor mir sehe. Sie werden die Art Aufzeichnungsform wie ich
gerade jetzt irgendwo auf der Erdoberfläche stehe und umhersehe und damit trägt jede einzelne Zeichnung auch die GPS-Position eingeschrieben, wo sie exakt entstanden ist. Inzwischen benutze ich ja ein iPhone und diese Zeichnungen werden unmittelbar ausgesendet zu über 1000 Empfängern durch ein iPhone App, facebook oder Twitter. Das Projekt heißt Limbo und der Untertitel ist ‚ ein expandierender Atlas der Subjektivität ‚.

Ich sehe die Zeichnungen als eine subjektive und daher emotionale Antwort auf einen Ort oder eine Situation – obwohl ich ja ein digitales Gerät einsetze ist das vielleicht das Gegenteil vom Einsatz einer digitalen Kamera – der Punkt ist, dass ich die Welt durch meine Wahrnehmung filtere und versuche, den Eindruck einer Person als ein Set von fließenden, seismografischen Linien festzuhalten. Linien, die an keinem festen Träger fixiert sind und auf jede Weise und überall hin in der Welt ausgesendet werden können.

Die Zeichnungen sind immer was ich vor mir sehe. Die Animationen entstehen in einem späteren Prozess. Ich entwickle kleine bewegte Vignetten von einigen der Zeichnungen und die werden später zusammengeheftet zu kurzen animierten Sequenzen. Auch wenn die Zeichnungen Dokumente unmittelbarer Beobachtung sind verschiebt sich die Animation durch die Bewegtheit in einen mehr fiktionalen Raum. Mit dieser Verschiebung wird es möglich den mythischen oder emotionalen Aspekt dessen zu betonen was ich sehe oder wohin ich blicke. Am weiteseten auf diesem erzählerischen Weg ging ich mit 13, das ursprünglich für Channel 4 TV entstanden ist. Der Clip mixt meine animierten Zeichnungen mit von der Website geklauten animierten gifs wie dem Mond von der NASA Webseite und dem Ford Zeichen von der Webseite des Autoherstellers. Meine Zeichnungen enstanden auf einer Wanderung hinaus aus London entlang dem A13 Freeway, aber sobald ich die Dinge einschließlich der ‚Musik‘ miteinander verwoben hatte wurde der Film zu einer Reise entlang einer fiktionalen A13 in einem fremden und seltsamen Universum.

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