Miodrag Manojlovic - Lines Fiction ★ Zeichnung & Animation ★

Miodrag Manojlovic

Fukt Magazin: Wie beginnst du mit einer neuen Animation? Beschreibe kurz den Prozess.

Miodrag Manojlovic: Es ist ein langsamer Prozess, nicht nur das Animieren selbst, sondern zuvor schon das Sammeln der Erfahrungen, Gedanken, Bilder und Töne. Wenn ich beginne habe ich eine Idee, was ich behandeln möchte oder welche Atmosphäre ich erzeugen möchte, aber während des Herstellungsprozesses weiß ich nie genau, wo es enden wird. Es ist sowas wie ein Abenteuer. Durch’s Unbekannte zu treiben ist für mich sehr inspirierend. In diesem Prozess versuche ich, die Idee in eine Bilder- und Soundsprache zu übersetzen, die nicht nur in der Gegenwart wirkt, sondern eine Verbindung zwischen Vergangenheit und Zukunft herstellt. Obwohl das alles Zeit nimmt mag ich den Herstellungsprozess – vielleicht soger mehr noch als das Ergebnis. Handwerkliches Arbeiten liebe ich seit meiner Kindheit, solches Arbeiten und Handzeichnungen mit computerbasiertem Arbeiten zu verbinden eröffnet eine große Bandbreite von Möglichkeiten, die ich wirklich interessant finde.
Ich beschränke mich nicht auf ein Medium allein, meine Wahl der Mittel hängt auch von der Idee ab. Ich möchte das Medium finden, das so gut wie möglich zur Idee passt. Manchmal plane ich jedes Detail, und machnmal fange ich einfach an, indem ich eine Linie in Bewegung bringe und dann die Idee drumherum spinne, bis sie vielleicht ein ganzes Muster hervorbringt. Eine systematische Herangehensweise mit Phantasie zu verbinden passt perfekt für mich.

Fukt Magazin: Wie arbeitest du mit dem Sound in Kombination mit den Bildern – machst du den Sound selbst?

Miodrag Manojlovic: Ich höre gerne Geräusche, suche gerne besondere Töne, nehme sie auf und sammle sie. Die Arbeit am Sound geht fast genauso vor sich wie die Arbeit an den Bildern. Am Anfang habe ich ein Konzept, und dann mag ich es, herum zu experimentieren, bis ich etwas Konkretes entwickelt habe. Wenn ich am Sound arbeite schließe ich gerne die Augen, um ihn zu visualisieren oder ich betrachte die Bilder und stelle mir den Sound vor, der zu ihrer Bedeutung passt. Wenn ich Bilder und Sound kombiniere bin ich erst dann zufrieden, wenn ich nicht mehr genau sagen kann was wichtiger ist, Bild oder Ton. Ich belasse oft auch Unperfektes in Bild und Ton als Teil meines Konzepts. Obwohl ich Perfektion mag entstehen manchmal Fehler, die zur Arbeit passen, also lasse ich sie ohne Korrektur. Was wir hören ist auch davon abhängig, wie wir es hören, und daher verbringe ich viel Zeit mit der Überlegung, wie ich meine Animationen am besten präsentiere. Ich möchte, dass der Betrachter in meine Arbeit eintaucht, daher bemühe ich mich, alle Aspekte der Präsentation zu bedenken.

Fukt Magazin: In deiner neuen Animation „A Moment Ago“ ist die Erzählung offen, fragmentiert. Aber dennoch hat der Betrachter den Eindruck, dass eine Geschichte erzählt wird, ohne Worte. Wie bist du interessiert am Narrativen – oder bist du es garnicht? Machst du ein Skript vor deine Animation?

Miodrag Manojlovic: Meine Animationen enthalten keine vorgefertigte Botschaft. Ich beteilige die Betrachter lieber aktiv an der Erfahrung und Interpretation. Obwohl ich eine Vorstellung habe von dem, worum es mir geht entwickle ich das nicht nur in eine einzige Richtung. Ich lege gerne mehrere Bedeutungspfade an und eröffne gerne die Möglichkeit, dass Fragen aufkommen. Manchmal entwickle ich eine Erzählung nur, damit die Teile meiner Animation zusammenbleiben. Ich benutze kein Skript, ich entwickle die Bilderfolge während des Animierens. Meine Zeichnungen und Malereien sind mentale Skizzen unterschiedlicher Gedanken und Gefühle.
Bei der Animation „A Moment Ago“ fragte ich mich am Ende selbst: Wie ist es bloß möglich, dass eine so lange Zeitspanne in so ein paar Sekunden komprimiert sein kann, wie im Traum: Die Animation hat 7’20“ Minuten Länge, und sie besteht aus 4000 Handzeichnungen, aus hunderten von digitalen Bildern, Tonaufnahmen, Berechnung von Timing und Bewegung, aus einer Kombination verschiedener Animationsexperimente mit der Erfahrung aus verschiedenen Animationstechniken. Es hat mich zwei Jahre und harte Arbeit gekostet das fertigzustellen. Jetzt entwickle ich drei Formen der Präsentation: einkanalige Installation, zweikanalige Installation, und eine Installation aus einer kleinen hölzernen Box mit Bildschirmen auf beiden Seiten. So etwas zwischen Theater und Skulptur.

Fukt Magazin: Du arbeitest manchmal auch an Workshops mit Kindern. Erzähl mir etwas von deiner Erfahrung, Kindern das Animieren beizubringen.

Miodrag Manojlovic: Heutzutage sind Animationen für Kinder allgegenwärtig, sie sind viel zu sehr den Cartoons ausgesetzt, vor allem durch die Qualtität der Bilder und die Lebensechtheit der Charaktere. Sie können sich mit den Cartoons identifizieren, als ob es Lebewesen wären. Sie nehmen ihr Benehmen als natürlich hin. Also sind die Grenzen zwischen dem Realen und dem Virtuellen verschwommen. Auch wenn Kinder sehr gerne Cartoons ansehen, mögen sie es ebenso, selbst etwas herzustellen. Und sie nutzen den Computer gerne als Werkzeug, also ist es eine schöne und angenehme Arbeit mit Kindern zusammen Animationen herzustellen. Ich sehe mich da nicht als Lehrer, sondern eher als jemanden, der geistige Räume für die Phantasie eröffnet, und als jemanden, der die Kinder ermutigt, sich auszudrücken. Wie nutzen unterschiedliche Methoden der Animationstechnik, aber die interessanteste Form für Kinder ist die Bild-für-Bild-Animation. Wir arbeiten mit 3-D-Material, Tonerde, Papiercollagen, verschiedenen Zeichenstiften undsoweiter…
Wir sind mitten in einer kreativen Atmosphäre, und in diesem Prozess bekommen wir auch fertige Animationen hin, aber das Wichtigste bleibt, dass die Kinder spielen und sich glücklich fühlen beim kreativen Arbeiten. Dann bin ich auch glücklich!

Fukt Magazin: Welche Künstler/innen, die mit Animationen arbeiten inspirieren dich?

Miodrag Manojlovic: Da sind viele Animationskünstler, die ich bewundere, Jerzy Kucia, Yuri Norshteyn, und viele andere. Meine Inspiration sind auch Filmregisseure, Tarkovsky, Bergman, oder Musiker wie Stephan Micus oder Toru Takemitsu. Obwohl ich meistens mit Animationen arbeite sehe ich mich nicht als Animator, sondern mehr als einen Künstler, der neben der Animation unterschiedliche Werkzeuge und Medien benutzt, um eine Kombination aus Erinnerungen, Beobachtungen und Wünschen sichtbar zu machen, die eigentlich ständig zwischen den sichtbaren und unsichtbaren Formen des Ausdrucks in der Luft liegen.

miodragmanojlovic.com

*Fukt Magazin ist ein Magazin für Zeichnung, Herausgeber: Björn Hegardt

Top