Carolin Jörg und Michael Fragstein - Lines Fiction ★ Zeichnung & Animation ★

Carolin Jörg und Michael Fragstein

Lines Fiction: Carolin, du hast einmal betont, dass dir in deiner zeichnerischen Arbeit die Lebendigkeit in der Form wichtig ist. Was meinst du damit?

Carolin Jörg: Mein Arbeitsmaterial besteht zumeist aus Papier, Pinsel und vor allem Tusche.
Mit einer Flüssigkeit zu arbeiten bedeutet mit dem Unvorhergesehenen zu arbeiten. Die Tusche besitzt eine eigene Lebendigkeit und lässt sich schwer kontrollieren. Ich agiere und reagiere auf das, was sich aus der Feuchtigkeit heraus selbst organisiert. Es entstehen organische abstrakte Formen, gekennzeichnet durch Farbverläufe, die aus sich selbst heraus wachsen und bei denen ein Gestus nicht mehr sichtbar ist.

Lines Fiction: Die Animation „Der zweite Blick“ ist dann eine Erweiterung deiner Zeichnung?

Carolin Jörg: Die Zeichnung bietet sich als erste Rezeptionsform direkt dem Betrachter – Tuscheformen stehen singulär in der Blattmitte. Die Animation eröffnet eine zweite Ebene, Elemente der Zeichnung bekommen nun eine neue Bedeutung, sind Grund und Boden für aufkeimende Partikelformen oder graphische Linienkonstruktionen.
Eine weitere Ebene entsteht durch den gesprochene Text und die Soundbearbeitung.
Marie-Alice Schulz hat die surrealen Text-Gedicht-Formen geschrieben, und Marc Fragstein und Denis Elmaci haben den Sound gemacht.
Jede Ebene birgt neue narrative Hinweise, wobei sich keine lineare Geschichte entwickelt, sondern es sich eher um surreale Collagen handelt.

Lines Fiction: „Der zweite Blick“ ist ein echtes Gemeinschaftsprojekt mit deinem Freund Michael Fragstein. Wie habt ihr da zusammengearbeitet und wie funktioniert diese Animation mit der Zeichnung?

Carolin Jörg: Im Vorfeld haben wir zusammen Entwurfsskizzen gemacht und Animationskonzepte entwickelt, um Formen zu finden, die sowohl singulär auf dem Blatt stehen können, wie auch für die Animation neue Ebenen anbieten. Die Arbeitspraxis war für die Realisierung dann zwar klar getrennt, ich habe gezeichnet und Michael hat die Animationen gemacht, wir haben uns jedoch immer wieder abgesprochen.

Michael Fragstein: Die Animationen sind genau wie die Zeichnungen abstrakt gehalten und reagieren auf die feinen Verläufe der Tusche und die filigrane Strichführung. Physikalische Simulationen spielten bei ihrer Erstellung eine zentrale Rolle. Mal werden die Zeichnungen als Abbild biologisch-mikroskopischer Vorgänge interpretiert, in anderen Fällen werden die gezeichneten Strukturen mit unterschiedlichen Aggregatzuständen, wie flüssig, fest, gasförmig in Verbindung gebracht.

Der Besucher benutzt die zur Verfügung stehenden Tablets und bewegt diese über die Zeichnungen. Mit Hilfe einer Augmented Reality Anwendung entdeckt der Betrachter die zuvor nicht sichtbaren Animationen.*

Man kann sich diese Augmented Reality App ungefähr so vorstellen: Über die Zeichnungen wird eine transparente Ebene gelegt, auf der ein Video abgespielt wird. Diese Ebene richtet sich in Echtzeit entsprechend des Blickwinkels des Betrachters aus. Man hat also das Gefühl, dass die Animation mit der Zeichnung verwachsen ist auch wenn man sich oder das Tablet bewegt.

 

* Hier in der Dokumentation ist das zu sehen ->

 

 

www.carolin-joerg.com

www.fragstein.org

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